Wilhelm Tempel
04.09.1880 geboren
in Metz (Lothringen) als Sohn Berliner Eltern, der Vater war Militärmusiker
in der damals zum Deutschen Reich gehörenden Garnisonsstadt Metz.
Vermutlich wurde der
Vater von Wilhelm Tempel in die Garnison Neustadt an der Dosse (Brandenburg)
versetzt.
Dort bis 1899 musikalische Ausbildung in den Fächern: Posaune, Violine
und Orchester-ausbildung. Er beherrschte praktisch alle Blas-, Streich-
und Tasteninstrumente.
Von 1899-1901 militärische
Grundausbildung
Von 1901-1913 Militärmusiker
im 9. Badischen Infanterie-Regiment Nr. 170 in OG.
Ein besonderes Erlebnis während seiner Dienstzeit war für ihn
die Kaiserparade in Karlsruhe, wo er vor Wilhelm II. Soloposaune blasen
durfte.
06.07.1909 Eheschließung
mit Fanny Kuch geb. 18.07.1882 in Offenburg
Kinder:
Gertrud geb. 24.12.1910 in Offenburg
Maria geb. 22.05.1912 in Offenburg
Wilhelm geb. 21.03.1915 in Offenburg
Hedwig geb. 30.04.1918 in Karlsruhe
Wilhelm Tempel jun. (Willy) arbeitete bei der Sparkasse in Villingen und
spielte in der Harmonie Posaune.
01.10.1913 (vor 100
Jahren) Tempel wird unter 40 Bewerbern als Stadtkapellmeister in Villingen
angestellt.
08.02.1914 Erster
öffentlicher Auftritt an der Fasnet mit einem Konzert und nachfolgendem
Ball in der Tonhalle. Das Echo in der Presse war sehr lobenswert.
Während des 1. Weltkrieges ruhten die musikalischen Aktivitäten
in der Stadtmusik.
02.01.1919 Tempel
führt mit eiserner Hand die Stadtmusik zu einem hohen Leistungsst.
In den kommenden Jahren wurden bei einigen Wertungsspielen 1a-Preise erzielt.
Außerdem forcierte er die Jugendausbildung, gab privaten Klavierunterricht,
und war noch
Dirigent des Orchestervereins (Vorgänger des des städt. Kammer-
bzw. Sinfonieorchesters).
Seine strenge musikalische-
und menschlich kühle Art führte im Protokollbuch der Stadtmusik
zu folgenden Eintragungen:
18.01.1921 Arnold
Schöpperle kritisiert Tempel wegen seines forschen Verhaltens gegenüber
den Musikern wegen schlechtem Probenbesuch.
21.06.1922 Fehlen
Musikprobe: 5Mark Strafgeld
04.09.1925 Fehlen Musikprobe: 50Pf Strafgeld
28.02.1928 unentschuldigtes Fehlen Probe: 1Mark
entschuldigtes Fehlen Probe: 50Pf
unentschuldigtes Fehlen Auftritt: 2Mark
Gebührenfrei ist nur Krankheit mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
04.08.1926 Mitgliedervers.: Tempel wird wegen sonstiger starker Beanspruchung
und krankhaften Zustandes die Geschäftsführung entzogen.
Auszug aus dem Buch:
Hüfinger Fasnet 1992
Am 28.01.1928 veranstaltet der Landesverband Badische Heimat in Freiburg
ein Narrentreffen. Beim Festbankett wurde in der Freiburger Festhalle
im Programmverlauf neben dem Überlinger- und dem Villinger- auch
der Hüfinger Narrenmarsch von der Freiburger Feuerwehrkapelle ge-spielt.
1929 Auftrag von Jahreszahlerfinder
(1584) und Zunftmeister Albert Fischer an Wilhelm Tempel einen Narrenmarsch
zu komponieren.
02.02.1930 Beim Narrentreffen
in Rottweil erklingt der neue Villinger Narrenmarsch zum ersten Mal.
Fasnet 1930 Auszug
aus Protokollbuch:
An den beiden Fasnachtstagen war je ein Umzug der Narrozunft, wobei auch
in der Bürger-wehruniform gespielt wurde. Hierbei wurde der von unserem
Kapellmeister Tempel komponierte Villinger Narrenmarsch, der im Tempo
des Narrosprungs (ideal sind 72 Schritte/min) gespielt wird und Themen
von Fasnachts- und Bürgerliedern enthält, an die Öffentlichkeit
gebracht.
Artikel aus Villinger
Volksblatt:
Vom Süden her erschallen die getragenen Klänge des neuen Villinger
Narrenmarsches.
04.09.1930 Ständchen
der Stadtmusik zu Tempels 50. Geburtstag, Dirigent ist Chorführer
Gustav Klingele.
08.09.1931 Tempel
rügt unanständiges Verhalten der jungen Musiker ihm gegenüber.
1933 Zum Narrentreffen
der VSAN trafen die Villinger Narros und Alt-Villingerinnen zusammen mit
der Stadtmusik in Stockach ein. Beim Einzug in die Stadt erhielt die Stadtmusik
stürm-ischen Beifall.
Auszug aus Protokollbuch:
Am 06.01.1934 wurden wir nach Karlsruhe verpflichtet. Wir wirkten an einem
Bunten Abend des Rundfunks mit, und marschierten in Bürgerwehruniform
mit klingendem Spiel durch den bis auf den letzten Platz gefüllten
Saal, auf die Bühne. Die Villinger Narro-Gruppe, die auch noch mitwirkte,
passte nicht zu der Veranstaltung und wurde von den Karlsruhern nicht
richtig
verstanden.
Anmerkung:
Daher ist es nicht verwunderlich, daß uns die Karlsruher Beamten
jahrelang die Fasnet ver-boten haben.
1935 Narrentreffen
in Offenburg
Es war ein unbeschreiblich schöner Anblick, als die Bürgermilitärmusik,
die große Zahl der Narro, Stachi, Putzesel, Wuescht und vor allem
die große Zahl der Altvillingerinnen unter den Klängen des
Narrenmarsches auf die Bühne zogen.
25.03.1936 Pressebericht:
Die offizielle Einführung des neuen Kapellmeisters Franz Könitzer
nahm Herr Riedel mit einer kurzen Ansprache vor, in der er mitteilte,
daß Bürgermeister Schneider den bisherigen Stadt-kapellmeister
Tempel nach 23-jähriger Tätigkeit von seinem Amte ab 23.März
entbunden habe. Wenn auch anerkannt werden müßte, daß
unter Tempels Leitung die Stadtmusik schöne Fort-schritte gemacht
und sehr beachtenswerte Erfolge erzielt habe, hätten doch wichtige
Gründe zur Bestellung eines neuen Kapellmeisters geführt.
1936 Auszug aus Protokollbuch:
Der Monat März brachte eine Änderung in der Stabführung
der Kapelle, indem Kapellmeister Tempel von der Stadtverwaltung auf Wunsch
der gesamten Musikerschaft seines Amtes ent-hoben, und Herr Könitzer,
der vom Militär abging, in das Amt eingesetzt wurde.
Klingele gab bekannt,
daß wir Herrn Tempel einen Abschied bereiten wollten und las den
Schriftwechsel vor, der keinen guten Eindruck machte.
Auszug aus der Festschrift
200Jahre Bürgermilitär 2010:
Wilhelm Tempel, der übrigens auch den Villinger Narrenmarsch komponierte,
leitete die Stadt-musik bis 1936, als ihm aus gesundheitlichen-, wohl
aber auch aus politischen Gründen, eine Stelle in der Städtischen
Sparkasse zugewiesen wurde.
11.10.1937 Wilhelm
Tempel stirbt im Alter von 57 Jahren an Herzschlag in Villingen.
14.10.1937 Auszug
aus Protokollbuch:
Am 14. Oktober erwiesen wir unserem früheren Kapellmeister W. Tempel
die letzte Ehre,
indem wir ihn vor der Überführung nach Offenburg mit Trauermusik
auf den Friedhof geleiteten.
14.10.1937 Zeitungsnotitz:
Die Beisetzung des Stadtkapellmeisters a.D. Wilhelm Tempel in Offenburg,
woselbst er früher Regimentskapellmeister der 170er war, fand am
gestrigen Donnerstagnachmittag statt. Eine Abordnung seiner ehemaligen
Regimentskameraden war zum Geleit erschienen und brachte die wehmütigen
Weisen des Liedes vom guten Kameraden zum Vortrag.
Reichsbahninspektor
Knecht, der mit einer Abordnung der Stadtmusik gekommen war, widmete namens
derselben dem Verstorbenen warme Abschiedsworte.
Betriebskamerad Auer
von der städtischen Gefolgschaft Villingen richtete im Auftrage des
Bürgermeisters ein zu Herzen gehenden Nachruf an die Trauerversammlung.
Zusammenfassung der
Gründe die zu Tempels Entlassung führten:
Offiziell wurde sein krankhafter Zustand angeführt. Durch die lange
Amtszeit von 23 Jahren (abzüglich 4 Kriegsjahre) war eine gewisse
Sättigung unter der Musikerschaft eingetreten, die mit der Person
Wilhelm Tempels als Kapellmeister und Mensch nicht mehr einverstanden
war.
Gez. Im Jänner
2013
Elmar Feiß
Der Narromarsch auf Tonträger:
06.01.1953 (vor genau
60 Jahren)
Aufnahme in der Tonhalle mit einem Mikrofon auf Schellackplatte 78U/min
Tempo: 77-78
Leitung: Franz Könitzer
Vertrieb: Radio-Schöller
16.02.1958 Rundfunkaufnahme
in der Tonhalle und Mitschnitt auf Single- Platte 45U/min
Tempo: 75-77
Besonderheit: Aufgedruckter Narro
Leitung: Gerd Brüssow
Vertrieb: Radio-Schöller
16.11.1964 Aufnahme
im HGBS- Studio auf Single- Platte 45U/min
Tempo: 75-80
Leitung: Walter Müller
Vertrieb: Radio-Schöller
Dieselbe Aufnahme wurde 1984 zum 400-jährigen Pseudo-Jubiläum
der Narrozunft von Johann Henninger vertrieben mit falschem Aufdruck des
Kapellmeisters Gerd Brüssow
1995 s' goht degege,
Aufnahme im HGBS- Studio auf Compakt- Disk,
Tempo: 75-85
Leitung: Rupert Binder
1984 Narri, Narro
Schwäbisch-Alemannische Narrenmärsche P+C HGBS
Tempo: 85-90
Blaskapelle Alfred Kluten bearb. W. Kunzelmann/A. Kluten
(Der Charakter des Narromarsches verkommt zu einer böhmischen Polka)
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