Vom
Schemeobed 2011
Den Narros kommen
die Tränen
Schwarzwälder-Bote, aktualisiert am 13.02.2011
Im
Mittelpunkt des Schemenabends standen "weinende" Narrenschemen.
Foto: Zimmermann Foto: Schwarzwälder-Bote
Villingen (wz). Der Schmenabend der
Arbeitsgemeinschaft Villinger Fasnet fand auch in diesem Jahr vor
vollem Haus im Gasthaus Jägerhaus statt, mit Gästen auch
aus Narrenstädten der Umgebung wie Rottweil und Donaueschingen.
Es gab sehr informative Vorträge zu Themen der Villinger Fasnet
und eine einmalige Ausstellung von Narro-Schemen. Der Hauptvortrag
thematisierte die weinenden Narro-Masken. In zahlreichen Narrenstädten
werden Masken mit weinenden Gesichtern getragen, richtig im Bewusstsein
verankert sind sie von ihrer Bedeutung her aber nicht immer.
Der Brauchtumsbeauftragte Michael Hügle von der Narrenzunft
Frohsinn Donaueschingen erläuterte den christlichen Hintergrund.
Der Hansel sei an seiner Endlichkeit angekommen.
In Donaueschingen gibt es seit 1936 den Plääri. Mehr als
sieben Schementräger werden nicht zugelassen. Eine andere Bedeutung
hat der Schramberger Brieli. Diese Scheme kam nach dem Zweiten Weltkrieg
auf und bedeutete Not, Verbitterung und Armut nach dem Krieg.
Zum Abschluss des Vortrags erschienen die echten Donaueschinger
Plääri im Saal.
Einen Überblick über die Einzelheiten der fastnächtlichen
und politischen Geschichte Villingens der letzten 150 Jahre gab
Karl Hoch. Er erinnerte daran, dass anno 1886 der Narro-Ruf noch
"Ho Narro" war und 1911 der Domino groß in Mode
war, als Begleiterin des Narro.
Äußerlich nicht zu unterscheiden von den üblichen
Holzschemen sind die Narrenschemen aus Ton. Hergestellt wurden einige
von Kunsthafner Johann Glatz, einem innovativen Handwerker, der
sich um die Jahrhundertwende in der heutigen Mönchweilerstraße
4 ein Geschäft aufbaute. An Fasnetsartikeln stellte er nicht
nur Tonschemen her, sondern auch Miniaturschemen und Statuetten
von Narro und Alt-Villingerin, in einer Zeit, in der die Figur der
Alt-Villingerin nahezu in Vergessenheit geraten war.
Detailliert und fundiert entriss Karl Hoch die Hall'sche Firmengeschichte
der Vergessenheit. An den Schemenschnitzer Hermann Distel erinnerte
Jonathan Riesle. Distel lebte von 1929 bis 2009, wohnte in der Bickenstraße
14 und war Vermessungsingenieur von Beruf. Er begann mit dem Schnitzen,
als sein Verwandter Eugen Wiedel aufhörte, stellte jedoch lediglich
eine Handvoll Schemen her.
Die Person Richard Säger Senior, der Vater des stadtbekannten
Eiermanns, stand im Mittelpunkt des Vortrags von Schnitzer Traugott
Wöhrlin. Ein sehr grober Klotz mit schrägen Einfällen,
überraschend belesen und mit großem Traditionsbewusstsein,
fasste Wöhrlin zusammen. Selbst geschnitzt hat Säger nicht,
dafür andere zum Schnitzen animiert, wie die bekannten Maskenschnitzer
Erhard Kiffe und seinen Sohn Udo. Erfrischend waren Wöhrlins
Anekdoten. Mit Wöhrlins Schnitzkunst war Säger nämlich
durchaus nicht immer einverstanden. Er habe ihm einmal ein Bild
von Brigitte Bardot gebracht und gesagt, er solle es mal damit versuchen,
sagte Wöhrlin.
Zum Abschluss wurden teils seltene Exemplare von Narro, Suribel,
Morbili und Alt-Villingerin gezeigt.
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