(Murbele)-Scheme in ihrer einzigartigen
Vielfalt im Voll-besetzten Nebenzimmer des Gasthauses Jägerhaus in
Villingen
Dem alljährlichen Ruf der Arbeitsgemeinschaft Villinger Fasnet
folgten auch in diesem Jahr über einhundert Scheme- und Fasnetsbegeisterte.
Das Nebenzimmer des Gasthaus Jägergaus in Villingen war
zu bersten voll als Klaus Richter um 19.30 h die Anwesenden begrüßte.
Der besondere Gruß galt auch den anwesenden Schemenschnitzern Faigle,
Kiffe, Schmiechen und Wöhrlin, sowie Peter Haller, Redakteur des
Fasnet-Magazins Narri-Narro.
Zunächst würdigte Karl Hoch das Schaffenswerk des 1936 geborenen
Bildhauers Wolfgang Kleiser aus Hammereisenbach.
Kleiser schuf bislang wenige, aber beeindruckende Villinger Narro-, Murbele-
und Surhebel-Schemen.
Über die Gemeindegrenzen hinaus wurde Kleiser berühmt durch
seine sakrale Kunst. Seine hauptsächlich verwendeten Materialien
sind neben Holz, Stein und Bronze. Seine sakralen Kunstwerke stehen unter
anderem in Italien (Mailand) und Bosnien-Herzegowina. Es ist zu wünschen,
dass Wolfgang Kleiser auch in der Zukunft noch einigen Schemen schnitzen
wird, die an der Villinger Fasnet zu bewundern sind.
Erster Referent am Abend war Klaus Nagel, Lehrer an den Schulen St. Ursula
in Villingen, Gemeinderat Stadt Triberg und Brauchtumsbeauftragter der
Narrenzunft von Triberg
Nagel führte die Zuhörer in seinem kurzweiligen Vortrag in die
Geschichte der Fasnet, der Stadt Triberg.
Er berichtete, dass die ältesten Nachweis auf die Fasnet in Triberg
aus dem Jahre 1570 über ein Fasnetsregister des Klosters St. Ursula,
damals Clarissen bekannt ist. Ein weitere Nachweis findet sich auf einer
Ofenkachel von Hans Kraut. Auf dieser ist ein Schweinskopf als Maske dargestellt
umringt mit 11 Rollen bzw. Schellen. Die ersten Hinweise auf die Teufelsfigur,
die in der Triberger Fasnet als Hauptfigur fingiert, findet sich an der
Triberger Wallfahrtskirche aus dem Jahr 1705. Die Teufelsdarstellungen
wurden von dem Bildhauer Schupp aus Villingen gefertigt und stammt ebenfalls
aus dem 18. Jahrhundert.
Die erste Teufelsscheme stammt von der Hand des Bildhauers Pfahrer aus
der Schweiz, welcher diese im Jahr 1893 gestaltete.
Wie in anderen Städten, insbesondere auch in Villingen, wurde Triberg
immer wieder mit Fasnetsverboten belegt. Im Zuge der Vereinsgründungen
ab 1870 wurde die Narrenzunft Triberg im Kur-Kaffee Löther im Jahre
1928 gegründet.
Den Einfluß aus Villingens auf die Fasnet in Triberg stellte Nagel
mehrmals heraus. So lief der Spättlehansel vor dem Weltkrieg II.
in Triberg mit einer Villinger Narro-Scheme und war mit einem Villinger
Narro-Kragen versehen. Hierzu gibt es Fotodokument aus dem Jahr 1934.
Diese Form des Spättlehansels gibt es jedoch heute nicht mehr. Ein
weitere Einfluß Villingens konnte anhand der Ältesten, existierenden
Spättlehansel-Scheme nachvollzogen werden.
Die Arbeitsgemeinschaft zeigte eine sogenannte Halbkreuzerscheme des Villinger
Schnitzers Körner (1772-1866).
Anhand dieser Scheme konnte über eine Vielzahl von Merkmalen eine
direkte Verbindung zwischen den zwei vorgenannten Schemen hergestellt
werden.
Weitere Einfluß nahm die Villinger Fasnet nach dem Weltkrieg II.
So schnitzte der Villinger Schemenschnitzter M. Merz zwischen 1951 bis
1968 ca. 100 bis 120 Triberger Teufelsschemen. Die Figur des Triberger
Fuchses, der vor dem Weltkrieg II. völlig anders aussah als heute
wurde von M. Merz 1953 völlig neu kreiert.
Desweiteren schuf dieser den Federe-Schnabel als Holzmaske. Diese Einzelmaske
war bis dahin aus Blech gefertigt worden.
Nach diesem hochinteressanten Vortrag von Klaus Nagel übernahm Karl
Hoch mit einem weiteren Vortrag
das Wort. Da die Veranstaltung den Murbele-Schemme galt nahm Hoch zunächst
in einem nicht ganz ernst gemeinten Vortrag die Schreibweise des Murbele
(Murbili, Morbili, Murrbili) unter die Lupe.
Im Jahre 1701 erteilte Papst Clemens XI. den Frauen das Recht an der Fasnet
(Fanacht/Fastnacht) teilzunehmen.
Es dauerte jedoch noch einige Zeit, nämlich bis 1926 bis eine weibliche
Figur als nicht trachtenmässige Antwort auf die Alt-Villingerin,
nämlich das Murbele (Murbili. Morbili, Murrbili) an der Villinger
Fasnet auftauchte.
Nun, welches ist die richtige Schreibweise???
Murbili wird von Liebermann und Brüstle erwähnt. Erst durch
Fischer (1924) taucht die Schreibweise Morbili auf. Morbili von Morbus
= Krankheit würde ja bedeuten, das das Murbele krankt. Aber wer würde
sich wagen zu sagen, das das Murbele krankt???
Murbili verwendete auch Hermann Alexander Neugart. Im kleinen Villinger
Fasnet Lexikon von 1963 definiert dieser: Alte Schachtel mit Warzen
und Gallensteinen Ob diese Definition dem Charme der Murbele gerecht
wird, muß in Frage gestellt werden.
Im schwäbischen Handwörterbuch steht dann das sich das Wort
Murbeli von mürb oder mürbe herleitet.
Die wiederum wird mit reifem Obst, zerbröckeltem Leder und oder auch
Menscher bezeichnet. Aber kann der badische Villinger dem
schwäbischen Wörterbuch glauben???
Murbele sollte eigentlich Murrbele geschrieben werden, nämlich von
murren. Gibt es im Villinger
Dialekt murren??? Oder muß es nicht gosche heißen???
Heißt dann das Murbele, Murbili, Morbili, Murrbili nicht dementsprechend
Goschele oder Göscheli???
Dies soll jeder selbst entscheiden.
Weiter ging nun es aber mit den Murbele-Scheme. Die ARGE hatte bereits
an der Aus-stellungswand 60 Murbele-Scheme aufgehängt. Ein Raunen
und Staunen ging durch den Saal. Welch unglaubliche Vielfalt ist in den
letzen 70-80 Jahren entstanden. Von bitter über sanft bis kowäs,
alle Erscheinungsformen waren vertreten.
Als eines der grössten Blickpunkte kann sicherlich die sogenannte
Milch-Seppi bezeichnet werden.
Diese Scheme wurde von dem Bildhauer Neukum zwischen 1930 und 1935 als
Portrait-Schemme nach
der Person der sogenannten Milch-Seppi geschnitzt und befindet sich heute
noch, Gott sei Dank, in ursprünglichen Familienbesitz. Die Milch-Seppi
war eine Frau die in der Brunnenstraße wohnte und Milch ausfuhr.
Die Großmutter des jetzigen Besitzers bat diese Modell für
eine Murbele-Scheme zu stehen.
Die Milch-Seppi willigte ein, jedoch nicht ohne sich für ihre Mühe
entlohnen zu lassen.Noch bis Anfang der 1960-ziger Jahre konnte man diese
Murbele-Scheme an der Fasnet bestaunen. Interessanter Weise steckte unter
der Schemme ein Mann. Ganz in der Tradition vor Papst Clemens XI.
Als weitere Portrait- Scheme konnte die ca. 1958 von M. Merz geschaffene
Irrslinger Lina
bewundert werden. An dieser Stelle konnte berichtet werden, dass bis auf
ganz wenige Ausnahmen die Murbele-Schemen die heute getragenen Spitzen
erst nach dem Weltkrieg II erhalten hat. Ebenso sind Wiener-Schals
vor dem Weltkrieg II. zumindest was die Fotodokumete angeht, in Villingen
weitgehend unbekannt gewesen.
Einigkeit erzielte man darüber, dass auf das Murbele,
weil vermummt, nicht mehr verzichtet werden (soll) kann.
In der Pause hatten die Besucher die Möglichkeit, die Schemen aus
nächster Nähe zu be-trachten.
Nach der Pause wurde den Zuschauern einmal mehr die Vielzahl der glatten
Narro- und Surhebel-Schemen vor Augen geführt. Weitere 80 Schemen
konnten bewundert werden.
Ein ganz besonderes Stück hier ist eine Portrait-Scheme zu nennen,
die von F. Moser zwischen 1925-30 beschaffen worden ist. Leider war den
Anwesenden nicht bekannt, welcher Villinger Bürger zu dieser Scheme
Modell gestanden ist.
Gegen 22.30 h erhielt nochmals Klaus Richter das Wort. Er bedankte sich
im Namen der Arbeitsgemeinschaft
Villinger Fasnet bei den Referenten, den Schemenschnitzern und vor allem
denjenigen, die jedes Jahr bereit sind, ihre Schemen der ARGE Villinger
Fasnet zur Verfügung zu stellen. Schon jetzt, so die einhellige Meinung
der Anwesenden, freut man sich auf das nächste Jahr, wenn es im Jägerhaus
wieder heißt: Scheme-Obed der ARGE Villinger Fasnet.
Milch Seppi geschnitzt von Neukum
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